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Zur Fahrrad Werkstatt ihres Vertrauens

Zur Fahrrad Werkstatt ihres Vertrauens

Welche sind die häufigsten Reparaturen an einem Fahrrad und was kann man noch selber machen? Für diese Frage sind wir zu einem der südlichsten und nördlichsten Fahrradhändler Deutschlands gereist.

„Etwa 10% unserer Kunden zähle ich noch zu den „Selbermachern“, der Rest bringt sein Rad in die Werkstatt. Und, die „Selbermacher“ sind vor allem die sportlichen Hobbyrennradfahrer und die Mountainbiker. Oder sagen wir es so: Wer an seinem alten Käfer noch selbst den Keilriemen wechselt, der kann auch einfache Reparaturen am Fahrrad erledigen. Der Rest kommt lieber zu uns.”, so Hans Peter Durach vom gleichnamigen Zweirad-Center-Durach in Isny/ Allgäu. Sein Vergleich zum Auto passt gut: Beim Auto kommen wir auch nicht auf den Gedanken, die elektronische Steuerung umzuprogrammieren oder die Bremsscheiben zu wechseln. Da sich das Fahrrad, besonders das E-Bike, in den letzten Jahren zu einem komplexen, geschlossenen System entwickelt hat, wird die Zahl der „Selbermacher“ wohl auch weiter schrumpfen. Dennoch wollten wir von den beiden Werkstätten wissen, was man noch selbst an seinem (E-)Bike machen kann und ob es bei den Reparatur Fällen Nord- Süd Unterschiede gibt?

AUF UND AB IM SÜDEN

Selbstverständlich steht Isny nicht für die süddeutschen Radfahrer, doch die Berge kann man nicht weg Argumentieren. Und diese haben große Auswirkungen auf die Reparaturen. „Wir verkaufen mittlerweile mehr E-Bikes und mit E-Bike meine ich E-Mountainbikes. Diese werden hier auch als Allzweck Rad genutzt. Was auffällig ist, mit dem E-MTB fahren die Leute mehr und vor allem mehr Höhenmeter. Das bergige Fahren fördert den Verschleiß von Kette und Bremsklötzen“, analysiert Hans-Peter Durach das Fahrverhalten seiner Allgäuer. So stehen Bremsklötze und der Antrieb ganz oben auf seiner Reparaturliste, gefolgt von kaputten Reifen und krummen Schaltwerken. „Da kippt das Rad mal um und schon ist das Schaltwerk verbogen. Es schaltet dann nicht mehr sauber und kann, wenn es dumm läuft auch abreißen“, so Hans-Peter Durach. Er meint damit: Das krumme Schaltwerk kann sich auf dem großen Ritzel im Laufrad verfangen und dann abreißen. Schaltwerk, Speichen und Schaltauge sind danach kaputt und die Reparatur wird dann richtig teuer.

KANN ICH FAHRRAD REPARATUREN NOCH SELBER MACHEN?

Die wenigsten Heimwerkstätten verfügen über qualitativ hochwertige Spezialwerkzeuge.

Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Nein“, um sie dann doch etwas abzumildern: „Zumindest würde ich das nicht empfehlen! Vor allem was die Elektronik angeht: Finger weg! Da macht man unter Umständen mehr kaputt. Zudem rate ich absolut vom E-Bike Tuning ab. Nicht nur, dass die Garantie und der Versicherungsschutz erlischt, es ist auch strafbar“, so der 64-jährige Werkstattleiter Hans-Peter Durach. Und bei dieser Antwort schwingt kein ökonomisches Motiv mit, vielmehr Verantwortung dem Kunden gegenüber. Zwar bedeuten mehr Reparaturen mehr Werkstattumsatz, doch handelt es sich hier um sicherheitsrelevante Teile. Da wird kein Radhändler dem Kunden empfehlen, selbst Hand anzulegen. „Was der Kunde jedoch machen kann: er sollte die Wartung seines Fahrrads im Blick zu behalten. Wer da zu lange wartet, muss oft mit größeren Schäden und höheren Reparaturkosten rechnen. Dann sind nicht nur die Bremsklötze abgenutzt, sondern auch die Felgen oder Bremsscheiben. Ähnliches auch bei der Kette, wenn die Kassette mit ausgetauscht werden muss, kostet das ein Vielfaches!“

1.000 KILOMETER NÖRDLICH, DAS GLEICHES LIED

Zweite Station unserer Werkstatt Besichtigungstour ist ein alteingesessener Fahrradladen in Flensburg, Fahrrad Petersen, geführt von Peter Petersen und seinem Sohn. Erwartungsvoll fragen wir auch hier die Reparaturliste ab und es erklingt das gleiche Lied: Bremsen, Kette/ Antrieb, Reifenschäden… Obwohl hier im hohen Norden erwartungsgemäß mehr Tiefeinsteiger im Stile eines Hollandrades verkauft werden und die Berge eher flach ausfallen, sind die Reparaturfälle dieselben. Und auch hier, die gleiche Erfahrung mit E-Bikes: E-Biker fahren öfter und vor allem ganzjährig. „Früher konnte man das Alter eines Rades in halben Jahren rechnen. Es wurde ein halbes Jahr gefahren und kam dann in Keller. Durch den E-Antrieb wird das Rad häufiger genutzt, auch bei schlechtem Wetter und das bedeutet höherer Verschleiß,“ so Peter Petersen.


Peter Petersen: Das Familenunternehmen Fahrrad Petersen führt er mit seinem Sohn.

Einzige Abweichung zum Süden: Peter Petersen empfiehlt jede 1.000 Kilometer zum Service zu kommen, Hans-Peter Durach dagegen schon jede 500 Kilometer. Die Begründung: Im Allgäu werden die E-MTBs sportlicher genutzt als die Räder im Norden. „Wobei ein E-Bike nicht wesentlich schneller verschleißt als ein normales Rad, nur werden die Kilometer schneller erreicht, was die Wartungsintervalle zeitlich verkürzt“, hakt Petersen Junior ein. Zwar zeigen viele E-Bikes, wie beim Auto, die Wartungsintervalle automatisch an, generell gilt jedoch: die Kilometer im Blick zu behalten und sie ins Verhältnis zu Höhenmeter und Verschmutzung des Rades zu setzen.

LEBENSVERLÄNGERNDE MASSNAHME

Wer Instandhaltungsarbeiten an seinem Bike hinauszögern möchte, dem geben beide Radhändler im O-Ton den gleichen Tipp: Radpflege! Wer sein Rad sauber hält, kommt weiter. Allerdings will eine gute Radpflege gelernt sein. Kein Dampfstrahler, die Kette erst sorgfältig putzen, dann ölen und auf keinen Fall darf die Bremse in Berührung mit Öl kommen. Das führt nicht nur zum nervigen Quietschen, sondern verringert auch die Bremswirkung „Zudem macht Radfahren mit einem sauberen Rad auch mehr Spaß“, findet Hans Peter Durach aus dem Allgäu.

Hans-Peter Durach, Inhaber Zweirad-Center Durach

„MAL EBEN GEHT NICHT MEHR!“

Hans-Peter Durach

Zwar empfehlen beide Radhändler im Norden wie im Süden allein schon aus Sicherheitsgründen, bei auffälligen Geräuschen oder einem lockeren Steuersatz in die Radwerkstatt zu kommen. Doch: „Mal eben geht nicht mehr! Wir haben bis zu sechs Wochen Wartezeit und unsere Mechaniker arbeiten die Räder nach Auftragseingang ab. Da einfach ein Rad dazwischenschieben, ist fast nicht mehr möglich“, registriert Peter Petersen. Auch deshalb sollten Sie Ihr Rad im Auge behalten und rechtzeitig zur Wartung anmelden.
Wann es soweit ist, erklären die beiden Auszubildenden Zweiradmechatroniker von Fahrrad Petersen und Rad Center Durach im folgenden.

Instandhaltung spart Geld

TILL MARXEN Fahrrad Petersen, Flensburg (Bild: Christian Bendel)

Wer sein Rad pflegt und Verschleißteile rechtzeitig tauscht, erhöht die Lebensdauer seines Rades und spart obendrein noch Geld. Zwei Auszubildende Zweiradmechatroniker verraten, wann Sie in die Werkstatt sollten.

Die Bremsklötze


Bremsbeläge: Links die abgefahrene Beläge von Felgen- (o.) und Scheibenbremse (u.).

Wenn es beim Bremsen metallisch klingt, dann ist es höchste Zeit für die Radwerkstatt. Besser Sie kommen, bevor es so weit gekommen ist und die Felge oder Bremsscheibe beschädigt wurde. Sobald die Bremsbeläge über die Hälfte ihrer Substanz verloren haben und metallisch glänzten, sollten Sie diese Wechseln.

TILL MARXEN Fahrrad Petersen, Flensburg

Der Reifendruck


Reifendruck: Die Daumen sollten nur ein paar Milimeter in den Reifen eintauchen.

Der richtige Reifendruck führt nicht nur zu einem besseren Rollwiederstand und Gripp beim MTB, dieser schützt auch die Felge vor Durchschlägen. Überprüfen Sie deshalb regelmäßig kurz den Luftdruck des Reifens, denn die Luft entweicht langsam aus dem Schlauch. Orientieren Sie sich beim Luftdruck bei den Angaben auf der Reifenflanke.

MARC PFÜZTNER Zweirad- Center Durach

Die Kette


Kette: Wie in der Mitte sollte ein Kette aussehen, nicht trocken (r.) oder verklumpt (l.).

Eine Kette benötigt regelmäßige Pflege. Diese sollte stets aussehen wie neu, nicht trockengelaufen oder mit altem Öl verklumpen. Die Lebensdauer hängt wesentlich von der Pflege ab, denn eine trockene Kette verschleißt schneller und zieht auch die Ritzel und Kettenblätter in Mitleidenschaft. Lassen Sie die Kette rechtzeitig wechseln, etwa alle 500 bis 1.500 km.

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TILL MARXEN Fahrrad Petersen, Flensburg

Das Schaltwerk


Schaltwerk: Nicht immer leicht zu erkennen, wenn das Schaltwerk krumm ist. Außer wie hier, im Extremen.

Ein Schaltwerk kann sich leicht und unbemerkt verbiegen. Dann schaltet es nicht mehr flüssig, klackert und reißt im schlimmsten Fall im Laufrad ab. Werfen Sie hin und wieder einen Blick auf die Schaltwerkposition. Ist es verbogen, dann sollten Sie nicht selber Hand anlegen, da Sie schnell das Schaltauge abbrechen könnten. Fahren Sie direkt zur nächsten Radwerkstatt Ihres Vertrauens und lassen sich das Schaltwerk wieder fachmännisch richten

MARC PFÜZTNER Zweirad- Center Durach

Der Zweiradmechatroniker

Jung, selbstbewusst mit handwerklichem und technischem Geschick, sucht coolen Job im Team, am besten irgendetwas mit Fahrrad. Da haben wir was!


Zukunftsvision :So sehen die Visionäre der ZEG die Qualitätswerkstatt der Zukunft.

Willkommen im Werkstatt Team! Was die wenigsten wissen: Kaum eine Berufsausbildung ist so zukunftsträchtig und modern wie die des Zweiradmechatronikers. In unserem Kopf hat der Radmechaniker meist noch verschmierte Hände und steht in einer schmuddeligen Radwerkstatt. Längst Geschichte, denn die Fahrradwerkstatt hat sich modernisiert und professionalisiert, wie das Fahrrad in den letzten Jahren auch. Quasi vom Dreigangrad zum Connected E-Bike. Allen voran, die ZEG mit ihrem Konzept der TÜV zertifizierten Qualitätswerkstatt. So heißt der Zweiradmechaniker heute Zweiradmechatroniker und kennt sich mit Mechanik wie auch Elektronik bestens aus. In dreieinhalb Jahren erlernt er alles rund ums Thema Fahrradtechnik, von der Reparatur und Instandsetzung, bis zur technischen Kundenberatung. Dabei wechseln sich Theorie in der Berufsschule, mit der Praxis in der Meisterwerkstatt kurzweilig ab. Durch den ständigen Wandel in der Radbranche kommen immer neue Themen hinzu. Auch die Digitalisierung hat längst ihren Weg in die Werkstatt gefunden, so wird mit modernem Kundenmanagement Systemen fortschrittlich gearbeitet, um auch die Werkstatt Teams mit bis zu 20 Mitarbeitern zu koordinieren.

Die beste Nachricht zum Schluss: Zweiradmechatroniker werden händeringend gesucht.

QUALIFIKATION:

  • Ab Hauptschulabschluss
  • Dauer: 3,5 Jahre
  • Inhalte: 14 Lernfelder in Fahrradtechnik
  • Tipp: Start mit einem Praktikum

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Dieser Artikel erschien zuerst in WE+Bike Ausgabe No. 2.

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