Das Cape Epic in Südafrika wurde wegen der Corona-Pandemie abgesagt! Seither befinden sich auch das Profi Mountainbike Team BULLS im „stay-at-home“ Zustand und sehen einer ungewissen Rennsaison 2020 entgegen. Denn auch in Europa wurden Mountainbike Rennen bis Juni abgesagt oder verschoben. Was machen die BULLS Profis im Quarantäne-Modus? Wir haben nachgefragt und Nachrichten aus Deutschland, der Schweiz und Österreich erhalten.
Der Teambetrieb läuft auf kleiner Flamme weiter, dafür sorgen der Team Manager und Mechaniker, welche die Fahrer auf dem Laufenden halten und mit Material fürs Training versorgen.
Friedemann Schmude, Team Manager
“Die kurzfristige Absage des Cape Epic am Abend vor der Registrierung war natürlich erstmal ein Schock, auch wenn sie nicht ganz unerwartet kam und es insgesamt sicherlich die richtige Entscheidung war. Nach dem „geordneten Rückzug” mussten wir uns alle erstmal sammeln und die neue Situation überblicken, die sich ja noch immer ständig ändert. Zumindest bis Ende Mai ist es nach derzeitigem Stand nicht möglich Rennen zu fahren und auch sicherlich nicht geboten. Wie es danach in Sachen Rennsport weiter geht lässt sich derzeit noch nicht abschätzen, aber ich denke, dass es noch viele Absagen und Verschiebungen geben wird. Das stellt uns als Team vor keine leichte Aufgabe, sowohl in Sachen Training als auch in Sachen Planung und Vorbereitung. Wir versuchen gemeinsam das Beste aus der Situation zu machen. Während der Saison ist es oft hektisch und es bleibt das ein oder andere liegen, für diese Dinge ist jetzt etwas mehr Zeit, sowohl beruflich als auch privat. Für mich heißt das vor allem die Situation und den Rennkalender zu beobachten und fortlaufend zu aktualisieren, Kommunikation mit Veranstaltern, Verbänden und natürlich unseren Fahrern, Betreuern und Sponsoren, Optionen für einen möglichen Beginn des Rennbetriebs sondieren und alles bestmöglich vorzubereiten. Daneben genieße ich die Zeit mit meiner Familie und hoffe, dass wir alle baldmöglichst zu einer Art “Normalität” zurückkehren können.”

Tobias Aplas, Team Mechaniker
„Meine Arbeit als Team Mechaniker hat sich durch die derzeitige Situation komplett verändert, denn normalerweise wäre ich aktuell auf der ganzen Welt unterwegs. Da nun alle Wettkämpfe abgesagt wurden, beschränkt sich meine Arbeit auf den Bereich der Werkstatt. Ich versorge die Jungs von hier aus mit den notwendigen Teilen, die sie für das Training benötigen. Durch die neue Situation arbeite ich mehr per Telefon oder Computer als sonst. Dies ist für mich in dieser Zeit ungewöhnlich, aber ich versuche den Jungs so gut es geht, per Telefon oder Videoanruf Hilfe zu leisten. Ansonsten nutze ich die Zeit für neue Ideen zur Optimierung der Werkstatt oder auch am Team Bus. Für diese Sachen habe ich sonst nur wenig Zeit in der Saison.“

Fünf Monate Trainingsvorbereitung auf das Cape Epic in Südafrika waren mit der Absage des achttägigen Etappenrennens dahin. Jetzt heißt es Kraft tanken und auf ein ungewisses Saisonziel trainieren.
Karl Platt
Die Absage des Cape Epics war eine herbe Enttäuschung! Ich habe mich gut auf mein letztes Cape Epic als Bike Profi vorbereitet und es war mein Ziel, mich noch einmal von meiner sportlichsten Seite zu zeigen. Die Entscheidung der Absage war natürlich richtig und verantwortungsvoll! Seit der Rückreise bin ich im Erholungsmodus, denn die harte Vorbereitung der letzten fünf Monate war für mich und meine Familie schon auch kräftezehrend. So macht es für mich momentan fast keinen Unterschied, denn in dieser Phase der Saison steht Erholung an und ich verbringe viel Zeit mit der Familie. Nachdem die Tanks nach viel Gartenarbeit und Baumhaus bauen wieder gefüllt sind, bereite ich mich langsam auf die zweite Saisonhälfte vor. Ich hoffe, dass meine letzte Saison als Bikeprofi mit ein paar schönen Rennen im Sommer enden wird.

Auch in Österreich und der Schweiz wird wieder trainiert, auch wenn mit härteren Ausgangsbegrenzungen, vor allem für Alban Lakata aus Tirol.
Alban Lakata
„Ich versuche das Beste aus der Situation zu machen. Aktuell absolviere ich mehr oder weniger mein ganzes Training auf der Rolle. Dazu nutze ich jetzt vermehrt das online Trainingsportal Zwift um Intervall-Workouts, Gruppenausfahrten oder manchmal auch ein Rennen zu bestreiten. Im Moment ist meine Devise kurz und knackig zu trainieren, um meine über den Winter hart erarbeite Form zu erhalten.
Diese ungeplante Auszeit hat auch seine guten Seiten. Ich habe jetzt endlich mal mehr Zeit für die Familie und ich kann mich vermehrt um Haus und Garten kümmern.
Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass bald wieder Normalität einkehrt, damit uns der gewohnte Alltag wieder fest im Griff hat.“

Urs Huber
In der Schweiz gelten folgende Regeln: Social distancing (immer 2 Meter Abstand), wenn immer möglich zu Hause bleiben und jederzeit die vorgegebenen Hygieneregeln einhalten und keine Gruppen über fünf Leute. Das heißt, ich darf grundsätzlich raus und aufs Bike. Darüber bin ich sehr froh, denn wochenlang zu Hause eingesperrt zu sein, wäre für mich der absolute Horror. Allerdings habe ich mein Training reduziert und versuche aktuell einfach eine solide Grundfitness zu erhalten. Natürlich sind vorerst für die nächsten zwei Monate meine geplanten Wettkämpfe abgesagt oder verschoben worden. Und dies ist auch das Schwierigste aktuell, denn ich habe keinen fixen Zeitpunkt, wann und ob es überhaupt weitergeht dieses Jahr. Ich hoffe aber sehr, dass es im Sommer dann doch los geht und erwarte dann ein volles Programm bis Ende Saison.“

Auch für die jungen Sportler im Team ist es eine neue Herausforderung, es zeigt sich aber, alle machen das Beste daraus und trainieren hart an sich, um nach der Corona-Zeit stärker ins Renngeschehen einzusteigen.
Simon Schneller
„Die derzeitige Situation ist sicher für keinen einfach, auch für uns Sportler nicht, denen die Ziele auf unbestimmte Zeit durch die ausfallenden Wettkämpfe fehlen. Ich habe nach der Rückreise aus Südafrika etwas Luft rangelassen und knapp zwei Wochen lang nicht viel trainiert. Als junger Sportler ist die Situation für mich vielleicht ein Stück weit einfacher, zumindest versuche ich das so zu sehen, denn ich habe jetzt Zeit mein Leistungsniveau weiter zu erhöhen. Mein Trainingsziel: Stärker zu sein, wenn es wieder losgeht.“

Martin Frey
„Ich versuche mich bestmöglich fit zu halten, die Zeit zu nutzen, um im Training an den Stellschrauben zu arbeiten, die sonst manchmal zu kurz kommen. Aber auch die Zeit auf dem Rad generell zu genießen und nicht als reine Arbeit zu sehen, sondern auch dazu, um mir Gedanken zu machen und frische Energie zu tanken. Ich bin froh und dankbar, dass wir nach wie vor die Möglichkeit haben, raus zu gehen und in der Natur zu trainieren.“

Simon Stiebjahn macht es Alban Lakata gleich und fährt viel im digitalen Raum, um sich dort bei Rennen die ausgefallene Wettkampfhärte zu holen.
Simon Stiebjahn
„Gerade im Training ist es momentan schwer sich zu motivieren, da ein festes Ziel fehlt. Wann oder ob wir überhaupt dieses Jahr noch Rennen fahren weiß keiner. So bleibt die Ungewissheit. Um trotzdem fit zu bleiben und auch die nötige Intensität ins Training einzustreuen stelle ich mich im digitalen Raum an die Startlinie. Genauer gesagt auf der Plattform Zwift und dort beim sogenannten „Mittwoch Ballern“ das von der German Cycling Academy (GCA) organisiert wird. Gegenüber hundert weiteren Teilnehmern heißt es dort: 25min „all out“. Ich muss eingestehen: härter als gedacht, aber dennoch spaßig, sodass man mich sicherlich in den nächsten Wochen auch dort finden wird um die ein oder andere Rennbelastung zu simulieren. Super Abwechslung und Motivation in diesen Tagen.“

Auch die BULLS Enduro-Profis hat die Corona-Krise getroffen und sie versuchen das Beste aus dieser Zeit zu machen!
Christian Textor
“Mit der aufgeschobenen Rennsaison fallen für mich natürlich nicht alle Aufgaben für Bulls weg. Aktuell teste ich bereits Fahrwerke für unsere 2021 Serien Modelle und versuche mit den Produkt Entwicklern das Beste noch besser zu machen.
Die extra Zeit mit dem Wegfall der aktuellen Events genieße ich besonders mit meiner Familie, da stehen viele Familien Touren, Gartenarbeiten und das Fitness – Training auf dem Tagesprogramm. “

Marc Oppermann
„Bei uns auf dem Land ist die Situation nicht so extrem wie in den meisten Städten in Deutschland. Radfahrten sind alleine möglich und beim Enduro fahren bin ich meistens weit weg von Leuten. Das restliche Training wird weitestgehend zu Hause bzw. auf dem Rollentrainer erledigt. Aktuell habe ich mit der Firma Fahrwerk die E-Bike Akademie gegründet, meine eigene Fahrtechnikschule. Dort verbringe ich neben meinem Job als Zweiradmechaniker viel Zeit am PC, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Dafür nutzen wir die aktuell etwas ruhigere Zeit aber auch mit der Familie und machen wir Ausflüge auf unseren E-Bikes und zeigen unserer Kleinen die schönen Wälder im Westerwald.“

Tim lebt den Radsport. Fast 20 Jahre als MTB-Profi unterwegs, zählte er zur Weltelite im Marathon Bereich, Entwickelte mit BULLS Gravelbikes, forciert für den BDR Indoorcycling und testet E-Bikes. Der ehemalige Deutsche Meister bringt seit Jahren seine Erfahrung aufs Papier, seit 2019 auch als Chefredakteur von WE+Bike.