Sie lesen gerade
Die Radfahrer Kolumne

Die Radfahrer Kolumne

„Absoluter Oberknaller“

Wissen Sie, was das schöne als Kolumnen Schreiber ist? Jeden Tag bekommen Sie Futter! Ich meine, Sie erleben Situationen, über die man schreiben könnte. Besonders mit dem Schwerpunkt Radfahren. Da fahren einem nur so die Themen vor der Nase herum. Es ist wirklich fantastisch, die Welt aus den Augen eines Rad fahrenden Kolumnen Schreibers zu sehen, versuchen Sie es doch auch mal.

Da ich mich für diese Kolumne nicht für ein Thema entscheiden konnte, gibt’s quasi die Top drei. Dafür machen wir jetzt eine gemeinsame Radtour, bei der ich Sie in die geheime Gedankenwelt eines Kolumnisten einweihe. Die Bezeichnung Kolumnist ist übrigens nicht geschützt, so kann sich also jeder nennen, auch Sie – nur Mut.

Zurück auf unseren gedanklichen Radweg. Vor uns läuft ein Paar, egal welchen Alters, und unterhält sich konzentriert. Er ganz links, sie ganz rechts oder andersrum, macht keinen Unterschied. Es wäre also genug Platz, einfach in der Mitte durchzufahren. Da hierbei ein größeres Unglück passieren könnte, wenn er oder sie doch noch zum Partner herüberläuft, betätigen wir zur Ankündigung des herannahenden Radlers ordnungsgemäß die Klingel. So – jetzt raten Sie mal, was passiert. Nein: beide laufen nicht einfach weiter, gehen etwas mehr auf die Seite oder bleiben kurz stehen. Der absolute Knaller passiert, und das in neun von zehn Fällen: Durch das Klingeln gewarnt, wechseln beide Fußgänger jeweils die Seite und queren dabei den Radweg einmal komplett. Absolut grotesk. Würde ich auf das Thema als Kolumnist weiter eingehen, ginge der nächste Weg zur Verkehrswacht. Darüber sollte doch aufgeklärt werden, denn wären wir keine geübten Radfahrer, würde es krachen. Wir bremsen also mit Vor- und Weitsicht ab, begegnen den verwirrten Fußgängergesichtern mit einem „hä, ja, blöd“ und nehmen langsam wieder Fahrt auf – mit einem schönen, dicken Gang. Na klasse!

Unsere tiefenpsychologischen Überlegungen werden von einem aus weiter Ferne heranklingenden, schmerzhaften Verschleißgeräusch von Metall auf Metall gestört. Da ist schon wieder einer! So, jetzt kommt der Geschäftsmann in uns auf. Wir gründen ein Kettenöl-Startup! Kettenölfirmen gibt es schon genug, sagen Sie? Kann nicht sein, denn der Mangel ist immens. Wenn was läuft, dann der Vertrieb von Kettenöl. Denn angenommen, es gäbe tatsächlich genug Kettenöl auf der Welt, würden dann so viele Menschen mit trockengelaufenen Ketten herumfahren? Jeder, der den Unterschied zwischen einer geölten und einer trockenen Kette spüren kann – übrigens auch an der Akustik zu erkennen –, fährt doch nie wieder mit einer trockenen Kette durch die Gegend! Das Kettenöl-Startup wird ein großer Erfolg, da bin ich mir ganz sicher.

Beim Durchgehen der Skaleneffekte reißt uns der absolute Oberknaller aus dem gedanklichen Finanzkonstrukt. Diesen Oberknaller gibt’s so nur bei Radfahrern. Vielleicht noch bei Golfern, anderswo habe ich das so noch nie in einer solch breiten Masse gesehen. Der Partnerlook! Menschen, die sich im normalen Leben stilbewusst kleiden, kommen beim Radfahren auf die wildesten Ideen, und die Spitze des Ganzen ist der Partnerlook. Das muss mir mal einer erklären können. Wie bitteschön, kommt man auf die Idee, sich gleich anzuziehen, sobald es aufs Rad geht? Darüber habe ich dann gleich angefangen zu recherchieren. Es muss wohl irgendetwas mit Liebe zu tun haben. Gleich und gleich gesellt sich gern; sie zieht sein T-Shirt zum Schlafen an, und so schleicht sich das dann ein? Als Kolumnist muss man die Welt nicht verstehen, es reicht, sie wiederzugeben.

Und da vorne steht die nächste Sensation – das glaubt uns keiner, davon müssen wir ein Foto machen. Uups, kein Platz mehr… Na gut, dann halt in der nächsten Kolumne.

Auch interessant

Diese Radfahrer Kolumne erschien zuerst in WE+Bike Ausgabe No2. Hier anmelden, downloaden, lesen…

 

© 2025 WE+Bike Magazin, alle Rechte vorbehalten
ZEG Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft eG, Köln

Wieder nach oben