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(E-)Bikes

Frauensache E-MTB

Von: Tim Böhme

In diesem kleinen E-MTB Frauen Spezial wollen wir euch ein lesenswertes Interview und Video ans Herz legen. Viel Spaß!

Zwei Menschen vom Fach und eine Frage:

Brauchen Frauen angepasste Damen­modelle? Darüber sprachen wir mit Tanja Blust, Geschäftsführerin von Fahrrad Singer im Schwarzwald und Hendrik Gehring, Head of Development bei BULLS.

Hendrik Gehring

Tanja Blust

Tanja Blust, Hendrik Gehring, fallen wir mit der Tür ins Haus: Brauchen Frauen Damen-Bikes?  

Tanja Blust (TB): Nach meiner Einschätzung und Erfahrung hier im Radfachhandel würde ich sagen: ja! Was die Optik, den Komfort und das Fahrverhalten angeht, haben Frauen spezielle Wünsche, die durch speziell angepasste Damen-Bikes bestens bedient werden.

Hendrik Gehring (HG): Ich beantworte die Frage ganz klar mit einem „Jein“! Frauen und Männer sind sicher nicht gleich, aber eben auch nicht komplett unterschiedlich. Und die Schnittmenge dessen, was gleich ist, ist auch größer als der Teil, der die Unterschiede ausmacht. Frauen sind im Durchschnitt kleiner als Männer, was aber nicht zwangsläufig über spezielle Frauenmodelle gelöst werden müsste. Ein schmalerer Lenker und ein etwas verkürzter Reach und Vorbau sind weitere Punkte, die zum Grundrezept eines MTBs speziell für Frauen gehören. 

TB: Dem würde ich grundsätzlich zustimmen. Was ich allerdings beobachte: Frauen fühlen sich auf Damenmodellen wohler. Zuerst fahren sie eine Proberunde auf einem Unisex-Modell, danach auf einem Damenmodell und kommen zufriedener zurück. Das etwas kürzere Oberrohr und die bequemere Sitzposition gefällt Damen oft besser. Auch wenn ich wirklich dazu sagen muss: für Frauen ist es auch Kopfsache. 


Inwiefern?

TB: Frauen kaufen ein Fahrrad anders als Männer, und sie legen andere Schwerpunkte. Anders gesagt: Männer kaufen nach technischen Daten und markenorientiert ihr Fahrrad, Frauen eher nach dem Rahmendesign und der Farbe – kurzum, nur wenn Frauen ein Rad gefällt, kaufen sie es auch. Da mag die Geometrie und Ausstattung eines anderen Rades noch so gut sein, wenn es nicht schick ist, möchten Frauen es nicht fahren. Das macht die Sache natürlich etwas komplizierter. Denn Frauen wollen auch ein schickes und prestigeträchtiges Bike haben, da vergleichen sie sich schon auch mit anderen Frauen. 


Also alles eine Frage der Optik?

HG: Nicht nur, aber es ist eine wichtige Komponente bei Frauenmodellen. Die Geschmäcker zwischen Männern und Frauen, vor allem in der Mode, unterscheiden sich doch deutlich. Mit Sicherheit kann man wieder nicht alle über einen Kamm scheren und genauso viele Frauen wie Männer mögen Schwarz als Farbe für ein Rad. Aber je modischer eine Farbe ist, desto größer sind die Unterschiede, weshalb wir uns immer ganz besonders viel Mühe geben, den aktuellen Trend zu treffen und in der Farbe Alternativen zu Unisex-Modellen zu liefern.

TB: Die Farbe sticht halt einfach ins Auge! Ich würde das jetzt aber gar nicht als Frauengehabe abtun – Männer haben einen ähnlich verzerrten Blick beim Einkaufen. 


Der wäre?

TB: Männer legen viel größeren Wert auf die technischen Details. Spannend wird es, wenn der Mann mit der Frau zum Radkauf kommt, da prallen dann sprichwörtlich zwei Welten aufeinander. Am Ende setzt sich aber meistens die Frau durch und es wird ein guter Kompromiss gefunden. Der dann auch meistens in einem Frauenmodell endet, da hier alles passt: Geometrie, Fahrverhalten und die Damen-spezifische Ausstattung.


Sitzen Frauen und Männer unterschiedlich auf dem Rad und fahren anders?

HG: Viele Frauen sitzen etwas aufrechter. Eine aufrechte Sitzhaltung ist nicht nur komfortabler, sondern vermittelt auch ein Gefühl der Sicherheit. Vor allem bei langsamerem Tempo lässt sich ein Rad so besser kontrollieren. Man sagt, Frauen würden weniger progressiv fahren als Männer. Das stimmt bestimmt genauso häufig nicht, wie es zutreffend ist. 

TB: Viele Frauen fahren längst nicht so sportlich wie Männer. Für Frauen zählt vielmehr die Bewegung an der frischen Luft, ein bisschen Fitness und das gemeinsame Erlebnis mit dem Partner oder den Freundinnen. Dementsprechend sollte auch das Rad konstruiert sein. Also viel komfortorientierter, weniger aggressiv und übermotorisiert, wie das bei manchen Unisex-Modellen der Fall ist. Es ist wichtiger, ein agileres Bike zu haben, als eines mit sehr viel Federweg.

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Womit wir beim Idealgewicht für Frauenbikes wären …

HG: Ganz schwere Frage. Am besten wäre es ja, wenn das Gewicht des Rades einen Prozentsatz des Fahrergewichts nicht überschreiten würde, was aber nicht auf die Realität zu übertragen ist. Grundsätzlich kann man schon sagen, dass ein leichtes Fahrrad besser ist als ein schweres. Schon alleine, wenn ich es mal heben muss. Aber es ist auch so, dass sich bei einem E-Bike ein höheres Gewicht beim einfachen Fahren nicht negativ auswirkt. Es liegt satt und vermittelt auch Sicherheit. Erst wenn ich mich sehr dynamisch mit dem Rad bewegen möchte und vielleicht nicht mehr dauerhaft beide Räder Kontakt zur Erde halten können, fällt ein höheres Gewicht negativ auf. 

TB: Da hat Hendrik recht – wenn Kundinnen hier im Laden ein E-Bike hochheben, wirkt es erst einmal sehr schwer, draußen im Gelände fällt das dann gar nicht mehr so ins Gewicht. Zwar sind Frauen nicht so stark wie Männer, doch sind E-MTBs heute so kons-truiert, dass mir als Frau das Handling gar nicht mehr schwerfällt.


Welche Laufradgröße empfehlt ihr Frauen beim Kauf eines E-Mountainbikes?

TB: Immer so groß wie irgendwie möglich!

HG: Ja, das sehen wir bei BULLS auch so, denn die Überrolleigenschaften schlagen einfach alle Kontras. Aber es gibt vor allem bei den Frauen auch Kundinnen, für die ein 29er Laufrad eindeutig zu groß ist. Ein 27,5-Zoll-Laufrad kann grundsätzlich von jedem gut gefahren werden. Dennoch gibt es auch Frauen, die partout keine großen Laufräder fahren wollen, da sie sich damit nicht wohlfühlen. Diese Kunden gibt es übrigens auch unabhängig vom Geschlecht bei E-MTBs, deshalb bieten wir vom Bulls Sonic auch eine 26-Zoll-Variante vom Hardtail und vom Fully an. 

Bulls MTB Vuca Prototyp

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Welches Rad würdet ihr Frauen empfehlen: Hardtail oder Fullsuspension?

HG: BULLS bietet Fullys und Hardtails für Frauen an, wobei die Mehrheit ein Hardtail kauft. Ich glaube aber, es liegt an der fehlenden Bereitschaft von Frauen, den höheren Betrag in ein Fully zu investieren. Je nachdem, wie ich das E-MTB einsetze, ist ein Hardtail auch völlig ausreichend und zudem wartungsärmer.

TB: So pauschal lässt sich die Frage nicht beantworten, es kommt ja immer darauf an, wie die Frau das Rad einsetzt. Wird es nur gelegentlich genutzt und in leichtem Gelände wie auf Schotterwegen gefahren, ist ein Hardtail völlig ausreichend. Kommt es dagegen öfters im sportlichen Gelände zum Einsatz, dann tun sich Frauen einen großen Gefallen, wenn sie ein paar Euro mehr in ein vollgefedertes Mountainbike investieren. Damit haben sie dann auch einfach mehr Spaß und trauen sich mehr zu.


Bei Frauen sind die Komponenten ein sehr beliebtes Thema und verhelfen oft zu mehr Fahrfreude. Auf was sollten Frauen bei Sätteln, Griffen und auch dem Federweg achten?

HG: Die anatomischen Unterschiede liegen wohl vor allem im Kontaktpunkt zum Sattel und dem Lenker. Der Sattel ist sehr wichtig. Er wird auch von den BULLS -Produktmanagern den Anforderungen entsprechend gewählt, aber er bleibt ein subjektives Thema. Darauf sollten die Kundinnen achten und ihn gegebenenfalls sogar tauschen. Die Griffe sind nicht geschlechtsspezifisch, aber Geschmackssache. Manche Frauen mögen es, wenn die Griffe kleine Flügelchen haben, um die Handgelenke zu unterstützen. Wenn wir vollgefederte MTBs speziell für Frauen bauen, dann haben die in der Regel 120 mm Federweg, während das Unisexmodell 150 mm hat. Beim Federweg gilt ähnliches wie bei der Laufradgröße: Mehr ist grundsätzlich besser, aber das Rad wird auch insgesamt immer größer, bis es von kleinen, zierlichen Personen nicht mehr gut zu handeln ist. Deshalb ist hier etwas weniger mehr.

TB: Der Sattel ist bei Frauen eines der bestimmenden Themen. Um den passenden Sattel zu finden, braucht es Zeit bei der Beratung und vielleicht auch ein, zwei Probefahrten. Bei den Federwegen sehe ich es wie Hendrik: 150 mm ist für viele, besonders kleine Frauen viel zu überdimensioniert, dass MTB fährt sich dann sehr behäbig und wenig agil. Aber das ist ja auch genau der Grund, warum bei uns (E-) Mountainbikes für Frauen so beliebt sind und etwa 80 % unserer Kundinnen ein spezielles Frauen-(E-)MTB kaufen. Am beliebtesten sind übrigens die Bulls-Aminga-Modelle, denn die schaffen die Kombination aus Design, Geometrie und Komponenten am besten.


Das war doch ein schönes Schlusswort, mit dem Hendrik Gehring sicherlich auch gut leben kann. Vielen Dank für eure Zeit und den Einblick in die spannende Materie der Frauen-Bikes.

Video: BULLS Sonic EVA TR 1 | Ein E-MTB speziell für Frauen!?

Ein E-Mountainbike nur für Frauen? Mit dem Sonic EVA TR 1 hat BULLS ein Fully im Programm, welches nicht nur optisch weibliche Fahrerinnen anspricht. Mit Bosch Performance Line CX Motor, wahlweise 625 oder 750 Wattstunden Akku-Kapazität und einer Damen-spezifischen Ausstattung hinterlässt das Erfolgsmodell nicht nur auf den ersten Blick einen spannenden Eindruck! Wir stellen euch das BULLS Sonic EVA TR 1 im Detail vor und erklären euch, worauf es bei E-Bikes für Frauen so ankommt. Viel Spaß!


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Autor: Tim Böhme

Tim lebt den Radsport. Fast 20 Jahre als MTB-Profi unterwegs, zählte er zur Weltelite im Marathon Bereich, entwickelte mit BULLS Gravelbikes, forciert für den BDR Indoorcycling und testet E-Bikes. Der ehemalige Deutsche Meister bringt seit Jahren seine Erfahrung aufs Papier, seit 2019 auch als Chefredakteur von WE+Bike.

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