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(E-)Bikes

Das BULLS Trail Grinder im Check:

Gravel-Hardtail der besonderen Art

Von: Caspar Gebel

Das 2024er Gravelbike der Kölner Offroad-Marke überrascht mit Luftfedergabel und neuer Shimano GRX 1×12 zu einem extrem niedrigen Preis. Funktion und Fahreigenschaften begeistern.


Die enge Verwandtschaft von Gravelbikes und Mountainbikes wird immer wieder diskutiert. Schon Anfang der 1980er Jahre war es in der noch jungen Szene nicht unüblich, mit breiten 26-Zoll-Reifen und Rennlenker durchs Gelände zu pflügen – erst mit Starrgabel und Lenkerendschalthebeln, dann noch kurz mit modernerer Technik wie den frühesten Shimano-STI-Hebeln. Um 1990 war John Tomac mit Rennlenker, Scheibenrad und 25-mm-Federgabel im MTB-Weltcup erfolgreich, doch dann war’s vorbei mit den exotischen Bikes.

Jetzt rufen Gravelbikes die wilden Zeiten wieder wach – vor allem Modelle, die stärker am MTB orientiert sind. Und ein Rad, das in dieser Hinsicht als beispielhaft gelten kann, ist das Trail Grinder der Kölner MTB-Marke BULLS. Das Modell ist schon ein paar Jahre am Markt und bekam 2021 einen neuen Rahmen, der mit vielen Details gefallen kann. Hervorzuheben ist erst einmal die entspannte Sitzgeometrie, die näher am Trail-MTB ist als am Rennrad oder Cyclocrosser. Das wird bereits viele Menschen ansprechen, die mit dem Rennlenker bislang nicht viel zu tun hatten. Denn nun können sie erfreut feststellen, dass dieser nicht immer mit einer gestreckten Sitzhaltung einhergehen muss. Zu der trägt auch der kurze Lenkervorbau bei, wie er bei modernen MTBs Standard ist.

Ein weiterer Pluspunkt des BULLS sind die zahlreichen Montagepunkte, zu denen auch vier Schrauben unterm Oberrohr gehören – zur Befestigung eines Spannbandes, unter das man etwa die Regenjacke klemmen kann. Auch die Führung von Bremsleitung und Schaltzug durch die Kettenstreben und durchs Unterrohr gefällt.

Rahmen mit schönen Details und Luftfedergabel

Von der Masse der Gravelbikes unterscheidet sich das BULLS jedoch vor allem durch die Luftfedergabel mit 40 mm Weg. Mountainbikern wird das wenig vorkommen, am Gravelbike ist dieser Federweg aber zum Standard geworden – er ist groß genug, um Fahrbahnstöße wirkungsvoll zu dämpfen, und führt dabei nicht zu starken Geometrieänderungen. Wird die Gabel blockiert, fühlt sich das Trail Grinder wie ein konventionelles Gravelbike an und kann im Wiegetritt oder auf Asphalt verlustfrei bewegt werden.


Am Straßenrad orientiert sich BULLS bei den Laufrädern, die im bewährten 622er Format daherkommen. Das könnte man schade finden, da die Reifenbreite in diesem Fall auf 45 mm begrenzt ist – man erkennt deutlich, wie schmal der Spalt zwischen Sitzrohr und Hinterreifen ist. Allerdings kann man natürlich einen 650B-Radsatz nachrüsten (d. h. 27,5 Zoll), den man dann mit 50-mm-Reifen fahren kann, was bei härteren Offroad-Einsätzen sinnvoll ist. Aber will man zum neuen Rad gleich einen neuen Laufradsatz kaufen?

Extrem attraktiver Preis

Beim BULLS Trail Grinder schon – und zwar aus drei Gründen: Zum einen wiegt der Radsatz am Testrad komplett über vier Kilo – hier anzusetzen lohnt sich also. Zum anderen ruft BULLS gerade mal 1.999 Euro für dieses Rad auf, sodass vielleicht ein Budget für neue Laufräder übrig bleibt. Und drittens ist das Bike damit sensationell günstig, zumal BULLS als einer der allerersten Hersteller die neue Shimano GRX RX820 „Unbeatable“ verbaut – eine verbesserte Version der bewährten Komponenten, die nun zwölf statt elf Gänge und mit 10-45er Kassette einen extrem breiten Übersetzungsumfang bieten kann, womit die GRX zur italienischen bzw. amerikanischen Konkurrenz aufschließt.

Funktionell war die GRX bereits auf so hohem Niveau, dass sich die neue Gruppe praktisch nicht von der Elfgang-Variante unterscheidet. Allerdings wurde die Architektur der Hebel optimiert, sodass die RX820 besser zu Gravel-Lenkern mit starker Abwinkelung („Flare“) passt. Optisch deutlich verändert hat sich das Schaltwerk, das glattflächiger ist und mit „Shadow RD+“-Stabilisator auf rauen Strecken noch wirkungsvoller Kettenschlagen verhindern soll. Was sehr hilfreich ist, denn trotz der wirkungsvollen Stoßdämpfung der Suntour-Gabel wird das BULLS als Alu-Hardtail hinten kräftig durchgeschüttelt, wenn es auf die Trails geht. Dort gefällt das Rad durch seine handliche Lenkung, die auch bei niedrigem Tempo präzises Steuern zulässt. Ein richtiges Mountainbike ist das Trails Grinder nämlich auch mit Federgabel nicht, und manches Hindernis, das man auf dem langhubigen MTB einfach überrollt, sollte man mit dem Gravelbike besser umzirkeln.

Fazit

Das BULLS Trail Grinder hat es in sich: Zum kleinen Preis bietet es modernste Gravel-Technik sowie interessante MTB-Features, womit es gerade Mountainbiker dazu verführt, auf den Rennlenker umzusteigen. Noch Trail-tauglicher würde es mit 650B-Laufrädern und Dropper Post – beides keine Unmöglichkeit, weder preislich noch technisch.

Bilder: Patrick Sturm

Tipp: Schaut auch das Video von Velomotion.de zum neuen Trail Grinder:


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Autor: Caspar Gebel

Caspar Gebel, Jahrgang 1968, sitzt seit 35 Jahren auf dem Rennrad. Der Fachjournalist und Sachbuchautor arbeitet für Velomotion und WE+Bike.

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